Medienmitteilungen
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Pressemitteilung zum Abschluss des Symposiums
«LSD – Sorgenkind und Wunderdroge»
15. Januar 2006
LSD und Albert Hofmann im Blickpunkt
Basel. Am Sonntagabend ist im Kongresszentrum Basel das dreitägige Symposium «LSD – Sorgenkind und Wunderdroge» mit rund 2000 Teilnehmern aus aller Welt zu Ende gegangen. Im Mittelpunkt der internationalen Grossveranstaltung anlässlich des 100. Geburtstags von Dr. Albert Hofmann standen der Jubilar sowie seine bekannteste, folgenreichste und umstrittenste Entdeckung, das LSD.
Rund 100 Wissenschaftler, Bewusstseinsforscher, Therapeuten, Künstler und Zeitzeugen aus aller Welt haben sich mit der Geschichte, dem Potenzial und den Auswirkungen dieser potentesten aller Substanzen auf Gesellschaft, Politik und Kunst befasst.
Gut 60 Jahre nach Dr. Albert Hofmanns folgenreicher Entdeckung beleuchteten rund 100 namhafte Experten aus der ganzen Welt das LSD-Phänomen aus allen Blickwinkeln im Bemühen, Fakten gegen Vorurteile zu setzen. Am Freitag, 13. Januar, stand die Geschichte der Droge im Vordergrund («Von den Pflanzen der Götter zum LSD»). Am Samstag, 14. Januar, wurde «Das ekstatische Abenteuer» beleuchtet. Am Sonntag wurden unter dem Titel «Neue Dimensionen des Bewusstseins» Visionen für einen neuen Umgang mit LSD formuliert. Zum Symposium reiste die Elite der internationalen Bewusstseinsforschung an: aus den USA unter anderen Prof. Charles Grob, Dr. Alexander Shulgin, Dr. Ralph Metzner, aus Europa Dr. Günter Amendt, Dr. Christian Rätsch und Dr. Franz Vollenweider. Auch prominente Künstler und Zeitzeugen wie Alex Grey und Barry Miles kamen nach Basel, um über ihre persönlichen Erfahrungen mit LSD und dessen Einfluss auf Kunst und Kultur zu berichten.
Höhepunkte der Veranstaltung waren die Auftritte von Dr. Albert Hofmann, dessen Lebenswerk zudem am Freitag in mehreren Vorträgen gewürdigt wurde. Der geistig wache Jubilar erzählte packend die Geschichte seiner Entdeckung und formulierte seine Visionen und Wünsche für sein «Sorgenkind», dem er das Potenzial einer «Wunderdroge» attestiert. Er äusserte mehrfach seine Hoffnung, dass von diesem Symposium Anstösse zu einem Umdenken ausgehen werden. Er wurde mit minutenlangem Blitzlichtgewitter von dutzenden Fotografen begrüsst und mit einer Standing Ovation vom internationalen Publikum gewürdigt.
Ebenfalls sehr grosses Interesse fanden die Ausführungen des weltbekannten Chemikers Dr. Alexander T. Shulgin, der von der New York Times als «Dr. Ecstasy» bezeichnet wurde, und der in den letzten vierzig Jahren hunderte psychedelische Substanzen kreiert hat.
In über sechzig Vorträgen, Präsentationen, Seminaren und Podiumsdiskussionen wurden alle Aspekte des Themas aufgegriffen, vom schamanischen Gebrauch psychoaktiver Pflanzen über die gesellschaftlichen Auswirkungen des LSD in den sechziger Jahren auf Gesellschaft, Musik und Kunst bis hin zu Visionen für einen sinnvollen Umgang mit Psychedelika in der Zukunft.
Im Foyer des Kongresszentrums waren zudem mehrere Ausstellungen zu sehen, unter anderem eine Fotoausstellung «100 Jahre Albert Hofmann» mit Briefwechseln und Dokumenten aus seinem persönlichen Fundus sowie vielen zeitgeschichtlichen Schriften und Objekten zum Thema LSD.
Parallel zum Symposium wurde ein breit gefächertes Kulturprogramm mit Konzerten und Parties angeboten.
Offizieller Festakt
Bereits am Mittwoch war Albert Hofmann in einem offiziellen Festakt, an dem unter anderen der Basler Regierungsrat Dr. Christoph Eymann teilnahm, in Basel gewürdigt worden. Bundespräsident Moritz Leuenberger schickte dem Jubilar zu diesem Anlass eine Grussadresse.
Hochkarätiges Patronat
Das Symposium stand unter dem Patronat von Institutionen wie zum Beispiel «The Beckley Foundation» (UK), die die britische Regierung und die UNO in Drogenfragen berät; die «Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung» (AT); das «Europäische Collegium für Bewusstseinsstudien», «ECBS» (DE); die «Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie», «SÄPT» (CH) und die «Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies», «MAPS» aus den USA. Der wissenschaftliche Bereich war vertreten durch das «Heffter Research Center» an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich sowie das «Heffter Research Institute» aus Santa Fe.
Appell an die Behörden
Das Symposium war auch ein Publikumserfolg. Rund 2000 Personen aus allen Kontinenten und über 35 Ländern nahmen am Symposium teil. «Diese Zahlen liegen deutlich über unseren Erwartungen und wir sind deshalb mit dieser Bilanz sehr zufrieden», so Dieter A. Hagenbach, Programmleiter des Symposiums und Präsident der veranstaltenden Gaia Media Stiftung. Rund 200 Journalisten und Filmteams aus aller Welt begleiteten das Symposium.
Die Referenten unterzeichneten einen Appell, in dem Sie die zuständigen Behörden in Bern und Brüssel zu einem neuen, vorurteilsfreien Umgang mit LSD und verwandten Substanzen, die kein Suchtpotenzial aufweisen, aufrufen und fordern, dass LSD wieder der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht wird.
Basel, 15. Januar 2006
Weitere Auskünfte erteilen:
Gaia Media Stiftung
Dieter A. Hagenbach, Programmleiter
Tel +41 61 261 40 80, dieter@gaiamedia.org
Spirit – Kongresse und Events
Lucius Werthmüller, Projektleiter Symposium
Tel +41 61 302 12 36, lucius.werthmueller@gaiamedia.org
Christine Kern, Kommunikationsleiterin
Tel +41 61 260 31 31, ckern@handsandbrain.ch
www.LSD.info
www.gaiamedia.org
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Bewusstseinsforscher in Basel
LSD – Sorgenkind und Wunderdroge
Internationales Symposium zum 100. Geburtstag des Schweizer
Chemikers Albert Hofmann
Basel. Aus Anlass des 100. Geburtstags des Schweizer Chemikers
Albert Hofmann findet vom 13. bis 15. Januar 2006 im Kongresszentrum
Basel ein internationales Symposium statt. Im Blickpunkt steht die
bekannteste und umstrittenste Entdeckung dieses herausragenden
Wissenschaftlers: das LSD.
LSD – drei Buchstaben veränderten die Welt. Seit dem 19. April 1943,
als der Schweizer Chemiker Dr. Albert Hofmann diese psychoaktive
Substanz entdeckte, erlebten Millionen Menschen auf der ganzen Welt
wundersame Halluzinationen, tiefgreifende psychologische und
spirituelle Erfahrungen; sie erdachten und schufen alternative
Gesellschaftsformen, neue Musik und Kunst, erfuhren Heilung von Sucht
oder Depression und erhielten nie gekannte Einsichten in das
menschliche Bewusstsein.
Rund 60 Jahre nach Dr. Hofmanns folgenreicher Entdeckung beleuchten
über 50 namhafte Experten aus der ganzen Welt das LSD-Phänomen aus
allen Blickwinkeln, im Bemühen, Fakten gegen Vorurteile zu setzen. Am
Freitag, 13. Januar, steht die Geschichte der Droge im Vordergrund
(«Von den Pflanzen der Götter zum LSD»). Am Samstag, 14. Januar,
wird «Das ekstatische Abenteuer» beleuchtet. Am Sonntag, 15. Januar,
geht es um «Neue Dimensionen des Bewusstseins». Dazu reist die Elite
der internationalen Bewusstseinsforschung an: aus den USA unter anderem Ralph Metzner, David E. Nichols und Alexander T. Shulgin, aus Europa Günter
Amendt, Christian Rätsch und Franz X. Vollenweider. Aber auch prominente
Künstler und Zeitzeugen wie Ronald Steckel, Alex Grey und Barry Miles
werden nach Basel kommen, um über ihre persönlichen Erfahrungen mit
LSD zu berichten.
Ebenfalls anwesend sein wird der Jubilar Albert Hofmann, der am 11.
Januar 2006 seinen hundertsten Geburtstag feiert.
Der Veranstalter, die Gaia Media Stiftung ist eine gemeinnützige
Organisation «zur Förderung und Verbreitung des Wissens um die
Entwicklung und Erweiterung des menschlichen Bewusstseins». Dazu
veranstaltet sie unter dem Titel «The Spirit of Basel» Vorträge,
Ausstellungen und Symposien.
Information/Anmeldung:
Spirit - Kongresse und Events
Neuweilerstrasse 15
CH 4054 Basel
Tel. + 41 (0) 61 383 97 22
Fax + 41 (0) 61 383 97 21
Email: info@lsd.info
Internet: www.LSD.info
Pressebüro:
Gaia Media Stiftung
Postfach 350
CH 4003 Basel
Tel. +41 (0)61 261 40 80
presse@gaiamedia.org
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Schwerpunktthema am
Freitag, 13. Januar 2006
Schwerpunktthema am Samstag, 14. Januar 2006
Schwerpunktthema am Sonntag, 15. Januar 2006
Schwerpunktthema am
Freitag, 13. Januar 2006
Von den Pflanzen der Götter zum LSD
LSD ist die engste, dichteste, geheimnisvollste Verbindungsstelle
zwischen der materiellen und der geistigen Welt. Eine kaum sichtbare
Spur LSD-Materie vermag in der geistigen Welt, d. h. im menschlichen
Bewusstsein, den Himmel oder die Hölle wachzurufen.1
Albert Hofmann
Am 19. April 1943 begibt sich der
Schweizer Chemiker Albert Hofmann auf den ersten freiwilligen LSD-Trip
der Menschheitsgeschichte. In seinem Forschungslabor beim Pharmariesen
Sandoz nimmt er um 16.20 Uhr 250 Mikrogramm Lysergsäurediäthylamid
ein. Gegen 17 Uhr setzen «Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen,
Lähmungen, Lachreiz» ein. Seine Heimfahrt mit dem Fahrrad geht als
«Bicycle Day»in die Geschichte ein. Während Hofmann in die Pedale
tritt, nimmt sein Zustand «bedrohliche Formen an. Alles in meinem
Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie in einem gekrümmten
Spiegel.» Zu Hause angekommen, hatte sich «meine Umgebung in
beängstigender Weise verwandelt. Alles im Raum drehte sich, und die
vertrauten Gegenstände und Möbelstücke nahmen groteske, meist
bedrohliche Formen an. Sie waren in dauernder Bewegung, wie belebt, wie
von innerer Unruhe erfüllt. (...) Schlimmer als die Verwandlungen der
Aussenwelt ins Groteske waren die Veränderungen, die ich in mir
selbst, an meinem innersten Wesen, verspürte. Alle Anstrengungen
meines Willens, den Zerfall der äusseren Welt und die Auflösung
meines Ichs aufzuhalten, schienen vergeblich. Ein Dämon war in mich
eingedrungen und hatte von meinem Körper, von meinen Sinnen und von
meiner Seele Besitz ergriffen. Eine furchtbare Angst, wahnsinnig
geworden zu sein, packte mich. Ich war in eine andere Welt geraten, in
andere Räume, in eine andere Zeit.»
«Lag ich im Sterben? War das der Übergang?» Ein herbeigerufener
Arzt kann aber keine abnormen Symptome feststellen, abgesehen von
extrem erweiterten Pupillen.
«Langsam kam ich wieder aus einer unheimlich fremdartigen Welt
zurück in die vertraute Alltagswirklichkeit. Der Schrecken wich
allmählich und machte einem Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit
Platz, je mehr normales Fühlen und Denken zurückkehrte und die
Gewissheit wuchs, dass ich der Gefahr des Wahnsinns endgültig
entronnen war. Jetzt begann ich allmählich das unerhörte Farben- und
Formenspiel zu geniessen, das hinter meinen geschlossenen Augen
andauerte. Kaleidoskopartig sich verändernd, drangen bunte,
phantastische Gebilde auf mich ein, in Kreisen und Spiralen sich
öffnend und wieder schliessend, in Farbfontänen zersprühend, sich
neu ordnend und kreuzend, in ständigem Fluss. Besonders merkwürdig
war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch einer
Türklinke oder eines vorbeifahrenden Autos, sich in optische
Empfindungen verwandelten. Jeder Laut erzeugt in Form und Farbe
entsprechendes, lebendig wechselndes Bild. (...) Erschöpft schlief ich
dann ein und erwachte am nächsten Morgen erfrischt mit klarem Kopf,
wenn auch körperlich noch etwas müde. Ein Gefühl von Wohlbehagen und
neuem Leben durchströmte mich. (...) Als ich später in den Garten
hinaustrat, in dem nach einem Frühlingsregen nun die Sonne schien,
glitzerte und glänzte alles in einem frischen Licht. Die Welt war wie
neu erschaffen. Alle meine Sinne schwangen in einem Zustand höchster
Empfindlichkeit, der noch den ganzen Tag anhielt.»
Es verblüfft Hofmann, dass er währenddessen nie das Bewusstsein
verloren hat – und sich hinterher «an alle Einzelheiten des im
LSD-Rausch Erlebten erinnern» kann. Ebenso erstaunt ihn, dass
jeglicher «Kater» ausbleibt.
Worauf Hofmann stiess, ist viel mehr als bloss eine weitere chemische
Wirksubstanz: Er hat ein Geheimnis der «Pflanzen der Götter»
gelüftet. Viele Naturvölker glauben, dass Gott seine Schöpfungskraft
in Pflanzen zurückgelassen hat - und dass der Mensch sie entdecken und
nutzen könne. Deshalb werden Pflanzen vielerorts als heilige Wesen
geachtet und verehrt. Seit Urzeiten, in allen Kulturkreisen, war der
Gebrauch von halluzinogenen Pflanzen wie den mexikanischen Zauberpilzen
der Gattung Psilocybe, dem Peyotekaktus, Ayahuasca und dem Hanf - Teil
des menschlichen Lebens. Die daraus gewonnenen Zubereitungen spielten
eine Schlüsselrolle bei Ritualen, die spirituelle Erfahrungen und
ekstatisches Erleben auslösen sollten: von den Mysterienspielen der
griechischen Antike über die Seelenreisen südamerikanischer Schamanen
bis hin zu den Happenings der Woodstock-Generation. Was sich an jenem
19. April in Basel offenbarte, war die Pharmakologie der Ekstase.
Im ersten Jahrzehnt nach Hofmanns Entdeckung galt LSD in erster Linie
als vielversprechendes Medikament, das ebenso nüchternen Prüfungen
unterzogen wurde wie jeder andere pharmakologisch wirksame Stoff. Die
Droge wurde zahlreichen Wissenschaftlern zugänglich gemacht, die mit
ihr neue Behandlungsansätze in Psychiatrie und Psychotherapie
erprobten. Binnen zweier Jahrzehnte trugen sie einen beachtlichen
Erfahrungsschatz zusammen. So deuteten etliche Studien darauf hin, dass
mittels LSD Alkoholiker von ihrer Sucht loskommen, unheilbar Kranke
psychisch stabilisiert, ihre Ängste, Schmerzen und andere
Begleitbeschwerden zumindest gemildert werden können. Der tschechische
Psychiater Stanislav Grof lobte LSD als «Mikroskop oder Teleskop der
Psychiatrie»; denn es bringe unbewusste, verdrängte Seelenanteile ans
Licht, die sonst kaum zugänglich seien, was die Erfolgsaussichten
einer Psychoanalyse drastisch erhöhe. Da die Versuche stets in einem
konrolliertem Setting stattfanden und die Versuchspersonen vorab in
Kenntnis gesetzt worden waren, dass LSD aussergewöhnliche
Bewusstseinszustände auslöst, kam es kaum je zu negativen
Auswirkungen. Bis Mitte der sechziger Jahre waren in angesehenen
Fachzeitschriften schon über tausend Artikel erschienen, welche
ermutigende Behandlungsergebnisse bei insgesamt über 40'000
Patienten mit Schizophrenie, Depression, Süchten und anderen
Störungen beschrieben.
Etliche Wissenschaftler hielten es mit gutem Grund für angebracht,
das Potenzial von LSD im Selbstversuch zu erkunden. Allerdings hatte
das so Erlebte auf einige von ihnen eine so euphorisierende Wirkung,
dass sie die kritische Distanz zu ihrem Forschungsobjekt aufgaben und
sich in Verkünder einer besseren «psychedelischen Kultur»
verwandelten. Namentlich an Timothy Leary (1920-1996), Professor für
Psychologie an der Universität Harvard, schieden sich die Geister.
Anfang der sechziger Jahre hatte er vielversprechende klinische
Versuche mit LSD unternommen. Als sich dann aus Testserien LSD-Parties
entwickelten, wurde Leary aus dem Lehrkörper entlassen und gründete
eine eigene Organisation, die «Internationale Vereinigung für Innere
Freiheit» (International Federation of Internal Freedom), die erstmals
LSD als therapeutisches Hilfsmittel zur Auflösung einengender
Konditionierungen und tiefliegender Prägungen propagierte.
Auch unter Künstlern und Intellektuellen fand LSD zunehmend
Verbreitung. Der Schriftsteller Aldous Huxley (1894-1963) erprobte als
einer der ersten die Droge ausserhalb einer medizinischen Anwendung;
mehrere Romane, in denen er Psychedelika als Schlüssel zu Pforten
einer erweiterten, höheren Wahrnehmung pries, erlangten grösste
Publizität. Arthur Koestler und Allen Ginsberg folgten seinem
Beispiel, ebenso wie Maler und Musiker, von den Beatles über die
Grateful Dead bis Eric Burdon und Jimi Hendrix. Aufsehen erregte der
amerikanische Filmschauspieler Cary Grant, der in dem US-Magazin
Look 1959 bekannte, was er mit LSD im Rahmen einer
Psychotherapie erlebt hatte: Erst diese Droge habe aus ihm einen neuen,
psychisch gefestigten Menschen gemacht, der nach drei gescheiterten
Ehen nun endlich wahrhaft lieben und eine Frau glücklich machen
könne; seine LSD-Erfahrung bezeichnete er als eines der wichtigsten
Ereignisse seines Lebens und empfahl allen Politikern, es einzunehmen.
Zum Bestseller wurde 1961 das Buch Exploring Inner Space: Personal
Experiences Under LSD-25, in dem die Ernährungsexpertin Adelle
Davis unter dem Pseudonym Jane Dunlap davon schwärmte, was sie als
Teilnehmerin einer LSD-Studie erlebt hatte. Nicht minder erfolgreich
wurde 1962 das Buch My Self and I, in dem Constance A. Newland
schilderte, wie sie dank LSD von ihrer Frigidität frei wurde. So kam
es, dass sich die Substanz schneller verbreitete als das Wissen
darüber; viele Menschen glaubten, es genüge, LSD einzunehmen, um
wunderbare Wandlungen in sich hervorzurufen. Über sieben Millionen
Amerikaner, so schätzte die US-Bundesbehörde für Drogen (FDA),
hatten bis Anfang der siebziger Jahre bereits LSD-Erfahrungen
gemacht.
Die Hippie-Bewegung wurde von LSD-Erfahrungen nicht minder angestossen
wie vom Protest gegen Materialismus und Kapitalismus, Spiessbürgertum
und Vietnamkrieg. Learys Slogan «turn on – tune in – drop out»
wurde zu ihrem emphatischen Credo. Eine Gruppe junger Leute um den
Schriftsteller Ken Kesey, der als Student an Learys Versuchsreihen
teilgenommen hatte, fuhr in einem bunt bemalten «Magic Bus» kreuz und
quer durch die USA. Mit den Hippie-Idealen wurde dabei auch Hofmanns
«Wunderdroge» zigtausendfach weitergereicht. Ebenfalls von LSD stark
beeinflusst waren die Anfänge der sogenannten «New Age»-Bewegung;
einer ihrer einflussreichsten Propagandisten, Fritjof Capra, schildert
in seinem Buch Das Tao der Physik eine psychedelische Erfahrung,
die seine Weltsicht entscheidend prägte.
Die Aufforderung der neuen Gegenkultur, zivilen Ungehorsam zu üben
und aus dem bürgerlichen Leben auszusteigen, wurde von konservativen
Kreisen zunehmend als Bedrohung empfunden – und eine mächtige
Gegenbewegung setzte ein. («Das Imperium schlägt zurück», wie ein
Programmpunkt des LSD-Symposiums am 13. Januar heisst.) Immer häufiger
wurde LSD in den Medien verteufelt. Besonderes Aufsehen erregte der
Fall des Dr. Olsen, dem bei Drogenexeperimenten in der US-Army ohne
sein Wissen LSD verabreicht worden war; anschliessend wurde er von der CIA ermordet. Durch die Presse geisterten
Gerüchte, LSD erzeuge den Wahn, man könne fliegen, woraufhin man sich
dann aus dem Fenster stürze, oder lasse glauben, man sei eine Orange,
woraufhin man sich «pellen» wolle und sich die Haut vom Leib reisse.
Ängste machten die Runde, LSD könne zu Erblindung führen,
Chromosomen schädigen oder sonstige fatale Langzeitschäden anrichten.
Die amerikanische Ärztevereinigung AMA (American Medical Association)
schürte die Panik: Wiederholte Einnahme von Psychedelika
«verursache» einen Persönlichkeitszerfall (causes personality
deterioration)» und warnte in ihrem Journal: «Nur wenige, die mehr
als 50 'Trip' erlebten, bleiben davon verschont.»
Die geschürte Hysterie passte reaktionären Politikern vorzüglich
ins Konzept. Am 16. Oktober 1966 hatten sie in den USA ihr Ziel
erreicht: LSD wurde als «Schedule I»-Droge klassifiziert, was ihm
höchstes Missbrauchspotenzial, keinerlei begründete medizinische
Anwendung und einen Mangel an Sicherheit auch unter medizinischer
Aufsicht unterstellt. Seither drohen all jenen, die ohne spezielle
Erlaubnis im Besitz von LSD sind, Freiheitsstrafen nicht unter zehn
Jahren.
Mit dem LSD-Verbot konnten grosse Teile der unbequemen Protestbewegung
kriminalisiert werden. Unter massgeblichem Einfluss der Vereinigten
Staaten setzte die UNO bald darauf die Substanz und andere
Halluzinogene auf die Liste der «besonders gefährlichen Drogen».
Damit trat faktisch ein weltweites Totalverbot von LSD für Therapie,
Wissenschaft und privaten Konsum in Kraft. Daraufhin wurden «die
wenigen guten LSD-Hersteller hochgenommen», schildert Leary eine der
traurigen Konsequenzen. «In der Folge wurde das Land mit LSD niedriger
Qualität überflutet. Gutgläubige Amateure vereinten sich mit
skrupellosen Gangstern, um ein schlechtes Produkt zu vertreiben.» So
wurden Behördenwarnungen zu «Self-Fulfilling Prophecies»:
Voraussagen, die sich selber erfüllen.
LSD als Objekt vorbehaltlos forschender Neugier: So begann 1943 die
Geschichte dieser Droge – und zu dieser Zugangsweise sollte sie
endlich zurückfinden.
1 Albert Hofmann im März 2005, in einem Grusswort anlässlich der
Eröffnung der Ludlow Santo Domingo Library in Genf
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Schwerpunktthema am
Samstag, 14. Januar 2006
Das ekstatische Abenteuer
«LSD ist das wirksamste und wohl auch wertvollste pharmakologische
Hilfsmittel in den weltweit in Gang kommenden Untersuchungen über das
menschliche Bewusstsein.»1
Albert Hofmann
Knapp 2000 Jahre lang war Eleusis, heute
eine unscheinbare Industriestadt 20 Kilometer westlich von Athen,
Schauplatz eines der bedeutendsten Mysterienkulte der Antike. Von etwa
1500 v. Chr. bis ins 4. Jahrhundert nach Christus wurde dort
alljährlich Demeter gehuldigt, der Göttin des Getreideanbaus.
Priester reichten den Anwesenden Kykeon, ein Getränk, das rauschhaft
höhere Wirklichkeiten schauen lassen sollte. Es bestand aus
Gerstenbrei, Wasser und Minze; darüber hinaus enthielt es vermutlich
Spuren von Mutterkorn. Bei diesem handelt es sich um die Dauerform des
Pilzes Claviceps purpurea, der verschiedene Getreide und Wildgräser,
wie sie bis heute in der Nähe des Heiligtums von Eleusis wachsen,
befällt und aus dem Albert Hofmann den Ausgangsstoff für die Synthese
des LSD isolierte.
In abgelegenen Gegenden Südmexikos haben Indianerstämme ähnliche
Kulte bis heute bewahrt. Auch bei ihnen verabreichen Priester im Rahmen
eines religiösen Zeremoniells halluzinogene Zubereitungen. Zwei von
ihnen wurden von Albert Hofmann massgeblich mit erforscht: Die
mexikanischen Zauberpilze, aus denen er die psychoaktiven Wirkstoffe
Psilocybin und Psilocin isolierte und Ololiuqui, die Samen einer
Trichterwinde, in denen er das in seiner chemischen Struktur dem LSD
sehr ähnliche LSA (Lysergsäureamid) entdeckte.
Die Erlebnisse, die sie auslösen, ähneln jenen, die von Mystikern
aller grossen Religionen, aber auch von erfahrenen Meditierenden
berichtet werden: In einer «ozeanischen Selbstentgrenzung» erfährt
man sich als eins mit Anderen und der Welt insgesamt, fühlt sich frei
von den Beschränkungen von Raum und Zeit, begegnet Gott. Man empfindet
grenzenlose Freude, tiefen inneren Frieden und allumfassende Liebe.
Teile der vertrauten Umgebung bekommen eine völlig neuartige
Bedeutung; Phantasie, Kreativität und Assoziationsvermögen nehmen zu;
Erinnerungen an bestimmte Ereignisse werden lebhafter
(«Dehabituation»). Man sieht Unwirkliches, wobei man sich dessen aber
oftmals im selben Moment bewusst ist («Pseudohalluzinationen»).
Synästhesien treten auf, d.h. Wahrnehmungen verschiedener Sinne
überlagern sich: Beispielsweise «hört» man Farben, «sieht»
Töne.
Was sind das für aussergewöhnliche Bewusstseinszustände, die von
LSD und verwandten Wirkstoffen ausgelöst werden können? Bei der
wissenschaftlichen Bewertung konkurrieren drei Ansätze
miteinander:
- Dem psychotomimetischen Ansatz zufolge ruft LSD einen geistigen
Zustand hervor, der eine Psychose nachahmt. Diese Wirkung sollen sich
Psychiater zunutze machen können, indem sie unter Laborbedingungen
eine «Modellpsychose» erzeugen und studieren. Dazu passt, was die
Firma Sandoz auf den ersten Beipackzettel für «Delysid», reines LSD,
drucken liess:
Es «vermittelt dem Arzt im Selbstversuch einen Einblick in die
Ideenwelt des Geisteskranken und ermöglicht durch kurzfristige
Modellpsychosen bei normalen Versuchspersonen das Studium
pathogenetischer Prozesse». Doch sind LSD-induzierte
Bewusstseinszustände wirklich psychotisch – Erscheinungsformen einer
zeitweiligen Geisteskrankheit? Psychotische Erlebnisse werden
typischerweise nicht in das Tagesbewusstsein, in die
Persönlichkeitsstruktur, in den Alltag integriert; LSD-Erfahrungen
hingegen werden keineswegs derart «abgespalten». «Ich bin davon
überzeugt», meinte Aldous Huxley einmal, «dass diese Erfahrungen
(...) ihren Wert (...) vor allem dann erhalten, wenn wir sie in unser
Weltbild einfügen und im täglichen Leben anwenden. Die Wirkung des
mystischen Erlebnisses auf das alltägliche Leben ist überall als
Probe auf seine Gültigkeit betrachtet worden.» Ironisch merkt der
amerikanische Bewusstseinsforscher Terence McKenna an: «LSD erzeugt
psychotisches Verhalten bei denen, die es nie genommen haben!»
Dem psycholytischen Ansatz zufolge (wörtl. «den Geist auflösend»)
verändern LSD und verwandte Substanzen die dynamische Beziehung
zwischen bewussten und unbewussten Teilen der Persönlichkeit. So
erleichtern sie Erinnerungen an weit zurückliegende Erlebnisse, die so
belastend, ja traumatisch waren, dass sie mitsamt den damit verbundenen
Gefühlen und Empfindungen ins Unterbewusste verdrängt werden. Um an
sie heranzukommen, sind in psychoanalytisch ausgerichteten Therapien
niedrig dosierte Halluzinogene eingesetzt worden – z.B. sporadische
Gaben von 30 bis 60 Mikrogramm LSD über Zeiträume von einem halben
bis zwei Jahren -, etwa bei Depressionen, Angst- und Zwangsneurosen.
Das Credo des psycholytischen Ansatzes hat der deutsche Schriftsteller
Ernst Jünger (1895-1998), ein langjähriger Freund Albert Hofmanns,
auf den Punkt gebracht: «Die Drogen sind Schlüssel -, sie werden
freilich nicht mehr erschliessen, als unser Inneres verbirgt. Doch
führen sie vielleicht in Tiefen, die sonst verriegelt sind.»
Dagegen meinen Vertreter eines psychedelischen2 Ansatzes,
LSD eröffne weitaus mehr: nicht bloss Einsichten in verborgene Winkel
unserer Innenwelt, sondern mystisch-religiöse Ausblicke in «höhere»
Wirklichkeiten. Dabei sollen sich transpersonale und kollektive
Dimensionen des Bewusstseins, der Göttlichkeit des eigenen Selbst und
der Schöpfung insgesamt offenbaren – und daran können Menschen
wachsen und reifen. Dann aber gibt es keinen Grund mehr, den Einsatz
von Halluzinogenen nur auf therapeutische Zwecke zu beschränken;
Bewusstseinserweiterung tut jedem gut. LSD heilt weder Krebs noch Aids;
doch helfen LSD-Erfahrungen den Betroffenen, Einsichten zu gewinnen,
die sie mit ihrem Schicksal aussöhnen. Und eine veränderte
Geisteshaltung kann sich durchaus auf Körper und Seele auswirken, da
die verschiedenen Aspekte der Persönlichkeit, in ständiger
Wechselwirkung miteinander stehend, ein Ganzes bilden und nicht als
isolierte Einheiten funktionieren.
Verantwortungsbewusst angewendet können Halluzinogene wie LSD gesunde
wie kranke Menschen, ausgeglichener, zuversichtlicher und angstfreier
machen, sie in Einklang mit sich selbst und ihrer Umwelt bringen. Und
sie befriedigen ein menschliches Grundbedürfnis: nach
Transzendenz.
Welche Art von Bewusstseinszuständen durch Psychedelika vermittelt
werden, hängt allerdings von mehreren Faktoren ab:
1. von der verwendeten Substanz, ihrer Reinheit und Dosierung.
2. von der Persönlichkeit des Konsumenten. Zur Angst, ihr eigenes Ich
löse sich auf, neigen im Drogenrausch eher Personen, denen es
gewöhnlich schwer fällt, sich unter veränderten Umständen von
bisherigen Denk- und Verhaltensmustern zu lösen.
3. vom Set. Vorerfahrungen mit aussergewöhnlichen
Bewusstseinszuständen, die Erwartungshaltung, die aktuelle Stimmung
unmittelbar vor Einnahme der Droge sowie die momentan vorherrschende
Grundbefindlichkeit entscheiden wesentlich darüber, was im
Drogenrausch erlebt wird.
4. vom Setting. Die Erlebnisinhalte werden mitbestimmt von den
äusseren Umständen: ob etwa der Raum als angenehm empfunden wird
(Einrichtung, Hintergrundmusik), wie gross die Gruppe ist, wie sehr man
sich ihr zugehörig fühlt usw.
Albert Hofmann ist nie müde geworden, auf die Bedeutung dieser
Faktoren hinzuweisen. «Es ist gefährlich», so warnte er, «einfach
LSD zu nehmen und zu denken, man werde dann weise. Es braucht eine
Vorbereitung, man muss wissen, was man erreichen will. Man muss wissen,
dass alle Sinnesorgane stimuliert sind. Das Licht wird heller, die
Farben werden intensiver, alle Gefühlskomponenten werden intensiviert.
Man gerät in eine andere Wirklichkeit, und dies kann sehr erschreckend
sein. Deswegen ist die meditative Vorbereitung, die Wahl der richtigen
Umgebung und Begleitpersonen so wichtig, damit dieses andere Erleben
integriert werden kann.»3
Die Erforschung dieser Zustände, ihrer Bedingungen und Wirkungen kam
mit dem weltweiten Verbot von LSD Ende der sechziger Jahre weitgehend
zum Erliegen. Forschungsgelder zu erhalten, wurde nahezu unmöglich –
und selbst wenn sie von irgendwoher weiterhin geflossen wären, mochte
kaum ein renommierter Wissenschaftler noch riskieren, seinen
akademischen Ruf aufs Spiel zu setzen, indem er sich mit einer
dämonisierten Substanz befasste.
Erst in jüngerer Zeit zeichnen sich zaghaft Ansätze zu einem
sachlicheren, pragmatischeren Umgang mit dem Reizthema LSD ab; schon
ist mancherorts von einer «Wiedergeburt der Psychedelika-Forschung»
die Rede. An einer Drogenklinik in St. Petersburg untersucht der
russische Psychiater Evgeny Krupitsky, inwieweit Ketamin 300
Alkoholikern und 200 Heroinsüchtigen helfen kann. (In einer seiner
Studien blieben 73 von 111 Alkoholikern anschliessend mindestens ein
Jahr lang «trocken», verglichen mit nur 24 Prozent in einer
Kontrollgruppe.) Im McLean Hospital der Universität Harvard betreibt
John Halpern seit längerem psychedelische Medizin; im Rahmen von
Forschungsprojekten verabreicht er Krebskranken im Endstadium die
empathogene Droge MDMA (Ecstasy), an Patienten mit schwersten,
therapieresistenten Clusterkopfschmerzen gibt er LSD aus. In einer
Studie an Mitgliedern der Native American Church, denen der
US-Gesetzgeber den Konsum des Psychedelikums Peyote ausnahmsweise
erlaubt, konnte Halpern auch bei regelmässigem Gebrauch keinerlei
psychisch-geistige Schäden nachweisen. Seit 1986 betreibt Rick Doblin,
Gründer der «Interdisziplinären Vereinigung für Psychedelische
Studien» (MAPS – Multidisciplinary Assocation for Psychedelic
Studies) in Sarasota, Florida, politische Lobbyarbeit, um Behörden zu
einer liberaleren Handhabung von Drogenforschungsprojekten zu bewegen.
Auch das Heffter Research Institute in Santa Fé, mit einem Ableger an
der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, fördert seit 1993
Forscher, die sich Halluzinogenen zuwenden möchten; ihr Mitbegründer,
der Psychiater Charles E. Grob, führt momentan am Harbor-UCLA Medical
Center in Los Angeles, Kalifornien, eine Studie über Psilocybin als
Angstlöser bei schwerstkranken Krebspatienten durch. Seit 2001 testet
der Psychiater Francisco Moreno an der Universität Tucson, Arizona,
Psilocybin bei der Behandlung von Zwangsstörungen. In Charleston,
South Carolina, untersucht der Arzt Michael Mithoefer, ob MDMA bei der
«posttraumatischen Stressstörung» (PTSD) helfen kann, an der jeder
Fünfte leidet, dem ein traumatisches Erlebnis widerfahren ist, wie
z.B. Opfer von Gewaltverbrechen, Kriegsteilnehmer, Betroffene von
Naturkatastrophen.
In der Schweiz hatten von 1986 bis 1993 fünf Psychiater eine
Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit, LSD und ähnliche
Substanzen zu therapeutischen Zwecken anzuwenden. Ein Umdenken zeichnet
sich ab. «Psychedelic research is back», meinte das angesehene
US-Wissenschaftsmagazin New Scientist kürzlich, in überraschend
wohlwollendem Tenor – und zitierte einen LSD-Forscher: «Jetzt
können wir zeigen, dass wir unsere Lektionen gelernt
haben.»4
1 Albert Hofmann im März 2005, anlässlich der Eröffnung der Ludlow
Santo Domingo Library in Genf.
2 Den Begriff «psychedelisch» (von griech. psyche: Seele, Geist,
delos: hervorbringend, manifestierend) prägte der britische Psychiater
und Forscher Humphry Osmond Ende der fünfziger Jahre, um damit eine
Gruppe von Drogen zu kennzeichnen, welche die Wahrnehmung der
Wirklichkeit einschneidend verändern; dazu zählte er unter anderem
Meskalin und LSD.
3 Albert Hofmann in einem Interview mit Lucius Werthmüller im Herbst
1995, nachzulesen bei www.gaiamedia.org
4 New Scientist Nr. 2488, 26. Februar 2005, S. 36 ff.
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Schwerpunktthema am
Sonntag, 15. Januar 2006
Neue Dimensionen des Bewusstseins
«In der Möglichkeit, die auf mystisches Erleben ausgerichtete
Meditation von der stofflichen Seite her zu unterstützen, sehe ich die
eigentliche Bedeutung von LSD. Eine solche Anwendung entspricht voll
und ganz
dem Wesen und dem Wirkungscharakter von LSD als sakraler
Droge.»1
Albert Hofmann
Welche Bedeutung LSD für die Veränderung
des menschlichen Bewusstseins denn in Zukunft haben könne, so wurde
Albert Hofmann kürzlich in einem Interview gefragt.
«Heutzutage leben wir in einem materialistischen Zeitalter»,
antwortete er. «Viele Menschen sehen nur noch den äusseren,
materiellen Teil und streben und handeln in diesem Bereich. Was
dahinter steht, den geistigen Urgrund, nehmen sie nicht mehr wahr. Ich
sehe LSD als Katalysator an. Es ist eines der Mittel, das unsere
Aufmerksamkeit, unsere Wahrnehmung auf andere Teile, andere Inhalte
unseres menschlichen Daseins lenkt, so dass wir wieder des geistigen
Hintergrundes gewahr werden. Was LSD bewirkt, ist eine Reduktion der
intellektuellen Kräfte zugunsten eines emotionalen Erfahrens der
Welt.»
Verwandelt LSD seine Konsumenten demnach nicht auf kurz oder lang in
Tagträumer, die in transpersonalen Sphären schweben – und dabei die
Bodenhaftung verlieren? Keineswegs, meint Albert Hofmann. Natürlich
könne «man im Zustand der Ekstase nicht immer bleiben. Unser Alltag
besteht aus zwei Komponenten, der materiellen und der geistigen. Wir
können uns nicht nur in der geistigen Welt bewegen, denn im Alltag
müssen wir uns wieder mit der materiellen Welt befassen: Wir müssen
denken und rational handeln. Wichtig ist, dass wir den geistigen
Hintergrund nie vergessen», und «aus ihm heraus handeln. Und LSD
dient da als Katalysator, um in einem einmaligen oder mehrmaligen
Erleben der geistigen Welt neue Massstäbe für den Alltag zu
holen.»
So gesehen haben beide grossen Protestbewegungen der ausgehenden
1960er Jahre – die von der amerikanischen Westküste ausgehende
Flower-Power-Bewegung wie auch die Studentenunruhen von Paris und
Frankfurt – Hofmanns Anliegen letztlich ausser Acht gelassen. Die
einen zogen sich, friedfertig gestimmt, in hedonistische Gefilde
zurück, die anderen, radikaler Gestimmten, gingen auf die Strasse und
scheuten auch vor Gewalt gegen Sachen nicht zurück. Hofmanns Position
hingegen war stets eine ausgeglichen naturbezogene. Er plädierte weder
einseitig für Hedonismus noch für Anarchie und Chaos, sein
Hauptaugenmerk lag und liegt auf der Beobachtung von und Achtung vor
der Natur. Im Einklang mit ihren regelmässig wiederkehrenden Zyklen
versteht er auch andere Epochen und Kulturen, die Psychedelika rituell
verwendeten, um unmittelbare Erfahrungen, Begegnungen mit «höheren»,
göttlichen Wirklichkeiten zu machen. Genau derlei Erfahrungen sind es,
die der heutige Mensch – insbesondere in der westlichen Welt –
vermisst.
Um mit dem Schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875-1961) zu
sprechen: «Des Intellektualismus überdrüssig, will man von Wahrheit
hören, die nicht enger macht, sondern weiter, die nicht verdunkelt,
sondern erleuchtet, die nicht an einem abläuft wie Wasser, sondern
ergreifend bis ins Mark der Knochen dringt.» Den Zugang zu solcher
Wahrheit können durchaus auch Psychedelika vermitteln. «Die Zukunft
der Religionen: Dogma oder transzendente Erfahrungen» lautet
demgemäss der provokative Titel eines Schwerpunktthemas am letzten Tag
des Basler LSD-Symposiums.
Im übrigen betrachtet Albert Hofmann eine Substanz wie LSD lediglich
als ein weiteres unter vielen Mitteln, aussergewöhnliche
Bewusstseinszustände zu erreichen; «Atemtechniken, Yoga, Fasten,
Tanz, Kunst» setzt er gleichwertig daneben.2 Doch welcher
Justizminister denkt ernsthaft daran, etwa das Meditieren unter Strafe
zu stellen, bloss weil es das Bewusstsein tiefgreifend verändern
kann?
Wie eine zeitgemässe Drogenpolitik auf der Höhe des heutigen
Forschungsstands auszusehen hätte, wird am 15. Januar 2006 mehrere
Referenten im Basler Kongresszentrum beschäftigen. Eine wesentliche
Voraussetzung dafür wäre, psychoaktive Stoffe nicht in Bausch und
Bogen zu verteufeln, sondern gewissenhaft zwischen ihnen zu
unterscheiden, insbesondere was ihr Suchtpotenzial, ihre Giftigkeit und
ihre Wirkungsintensität anbelangt (Siehe Info «Drogen – Eine
Klassifikation»). Um unangenehmen Begleiterscheinungen der Anwendung
von Psychedelika vorzubeugen, ist es notwendig, die Öffentlichkeit
darüber aufzuklären, dass individuelle Persönlichkeitsstrukturen
sowie Set und Setting die Qualität des Trips massgeblich beeinflussen.
(Siehe Text zum Themenschwerpunkt am Samstag, 14. Januar 2006.)
Herstellung, Abgabe und Verteilung von Psychedelika sollten
kontrolliert statt unterdrückt werden; nur so ist der Sumpf eines
schwarzen Drogenmarkts nachhaltig trockenzulegen.
Lässt sich die Verbreitung von Psychedelika auf lange Sicht
überhaupt durch gesetzgeberische Massnahmen eindämmen? Der aus
Russland stammende Pharmakologe und Chemiker Alexander T. Shulgin, der
in der Nähe von San Francisco lebt und als Wiederentdecker und Vater
des MDMA (Ecstasy) gilt, blickt zurück: «Zu Beginn des 20.
Jahrhunderts waren westlichen Wissenschaftlern erst zwei psychedelische
Stoffe bekannt: Cannabis und Meskalin. Keine fünfzig Jahre später mit
LSD, Psilocybin, Psilocin, TMA, mehreren auf DMT und anderen Isomeren
basierenden Zusammensetzungen – lag ihre Zahl schon bei nahezu
zwanzig. Um das Jahr 2000 gab es bereits über 200. Die Zunahme erfolgt
offensichtlich exponentiell. Bis zum Jahr 2050 könnten es schon
zweitausend sein.»3 Zukünftige Drogen könnten noch
stärker, sicherer und psychoaktiver sein als LSD, und damit werden sie
immer attraktiver für potentielle Konsumenten.
Deren Bereitschaft, das eigene Gehirn chemisch zu manipulieren, war
noch nie grösser als heute: Der Markt an pharmazeutischen
Stimmungsaufhellern, Beruhigern, Gedächtnisverbesserern,
Intelligenzverstärkern und Aphrodisiaka boomt, und er wird weiter
wachsen, angefacht von der Nachfrage der Verbraucher und den
Profitinteressen der Hersteller. «Die letzten Jahrzehnte», sagte
Timothy Leary voraus, «haben den ewigen Hunger der Menschheit nach
Technologien zur Aktivierung und Lenkung der eigenen Gehirnfunktionen
nur angeregt. Die Drogenbewegung hat erst begonnen.»4 Vor
staatlicher Prohibition wird sie nicht haltmachen.
Auf was für eine Gesellschaft würden wir zusteuern, wenn der
Gebrauch von Halluzinogenen legal und weitverbreitet wäre? Für Albert
Hofmann wäre es eine, die «das Tranzendente, die Geistige Welt»
wiederentdeckt – und sich darin von ihrem Materialismus befreit.
«Die Evolution der Menschheit besteht in der Veränderung des
Bewusstseins», meint er. «LSD kann helfen, unser Bewusstsein wieder
mit diesem Gefühl des Ganzen und dem Einssein mit der Natur zu
erfüllen». Deshalb verdient es eine zweite Chance.
1 in GaiaMediaNews, Sonderausgabe «60
Jahre LSD», April 2003, S. 2
2 In einem Interview mit Lucius Werthmüller im Herbst 1995,
nachzulesen bei www.gaiamedia.org
3 Zitiert bei Drake Bennett, «Dr. Ecstasy», New York Times, 30.
Januar 2005
4 Timothy Leary in seinem Essay «LSD-Kultur», siehe www.leary.com
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